Wie VBE Sozialpartner beim digitalen Wandel unterstützt

Die VBE-Methodik unterstützt Sozialpartner dabei, gemeinsam tragfähige Lösungen im digitalen Wandel zu entwickeln – auf Basis geteilter Werte, transparenter Risiken und konkreter Maßnahmen.

Digitalisierung, Künstliche Intelligenz und der stetige Wandel der Arbeitswelt sind Herausforderungen, die Unternehmen, Beschäftigte und ihre Vertretungen gleichermaßen betreffen. Einerseits bieten neue Technologien enorme Chancen – für Effizienz, Innovation und Wettbewerbsfähigkeit. Andererseits lösen sie auch Sorgen aus: vor Kontrollverlust, Arbeitsplatzabbau, unfairer Überwachung oder ethisch fragwürdigen Entscheidungen durch Maschinen.

Gerade in Zeiten tiefgreifender Veränderungen kommt es daher auf die Zusammenarbeit der Sozialpartner an: Unternehmensführungen, Betriebsräte und Gewerkschaften sind gefordert, gemeinsam tragfähige Wege in die Zukunft zu finden. Doch wie kann ein echter Dialog auf Augenhöhe gelingen, wenn die Ausgangsperspektiven so unterschiedlich sind?

Value-based Engineering (VBE) bietet hier einen innovativen methodischen Rahmen, um genau diese Zusammenarbeit zu strukturieren und zu stärken. VBE macht Werte greifbar, bezieht alle relevanten Stakeholdergruppen ein und unterstützt dabei, technologiegestützte Lösungen zu entwickeln, die wirtschaftlich tragfähig und sozial verantwortlich sind.

Drei zentrale Elemente der VBE-Methodik fördern diesen Dialog im besonderen Maße.

Ein gemeinsames Vokabular durch die Wertesprache von VBE

Eine große Hürden im Dialog zwischen Geschäftsführung, Beschäftigten und Technikverantwortlichen ist oft das fehlende gemeinsame Verständnis – insbesondere wenn es um abstrakte Themen wie Ethik, Fairness oder Verantwortung geht. VBE schafft hier Abhilfe durch eine dreistufige Wertesprache:

  • Werte wie Transparenz, Fairness, Sicherheit und Datenschutz bilden die oberste Ebene.
  • Diese Werte werden durch Wertqualitäten im jeweiligen Kontext näher bestimmt.
  • In konkreten IT-Systemen geht es nunmehr um deren Eigenschaften, die diese Wertqualitäten messbar umsetzen. Diese werden auch Wertdispositionen bezeichnet.

Diese strukturierte Wertesprache schafft Klarheit: Sie ermöglicht es, Anliegen und Bedenken in eine verständliche Form zu bringen – und zwar für alle Beteiligten. Werte können auf diese Art Gegenstand einer Diskussion sein, ohne ihren Anspruch zu verlieren.

Einbindung betrieblicher Stakeholder durch das Value Register

Digitalisierung darf nicht „über die Köpfe hinweg“ passieren. Sie kann es auch nicht. Erfolgreiche Unternehmen sind darauf angewiesen, dass alle Beteiligten an einem Strang zeiehn. VBE setzt auf partizipative Prozesse: Vertreter:innen aus unterschiedlichen Bereichen – etwa Fachbereich, IT, HR, Betriebsrat und der Unternehmensführung – werden frühzeitig eingebunden.

Gemeinsam erarbeiten sie ein sogenanntes Value Register: eine strukturierte Sammlung möglicher ethischer, sozialer oder rechtlicher Risiken im Kontext eines konkreten digitalen Vorhabens.

Das Value Register funktioniert wie eine spezialisierte Risikoliste – es zeigt auf, wo und wie eine Technologie soziale Spannungen auslösen könnte, von unfairen Bewertungssystemen über mangelnde Barrierefreiheit bis hin zu Überforderung im Arbeitsalltag. Wo nötig, wird das Value Register um rechtliche Anforderungen (z. B. aus dem Arbeitsrecht oder der DSGVO) ergänzt.

Das Value Register schafft Transparenz für die Sozialpartner. Der Entstehungsprozess stellt sicher, dass alle Stimmen – auch kritische – gehört werden und die weitere Diskussion zwischen den Sozialpartnern auf einer soliden Basis erfolgen kann.

Konkrete, überprüfbare Maßnahmen für eine gemeinsame Lösung

Aus dem Value Register lassen sich mittels VBE konkrete Anforderungen und Handlungsempfehlungen ableiten. Diese werden als sogenannte EVRs (Ethical Value Requirements) formuliert: Ziele, die ein IT-System unbedingt erreichen soll. Diese können sich beispielsweise auf Eigenschaften des Systems beziehen (z.B. die Erklärbarkeit von Entscheidungen) oder auf die Organisation (z.B. die Weiterbildung der Mitarbeitenden).

So entstehen technische und organisatorische Maßnahmen, die sowohl ethischen Anforderungen als auch wirtschaftlichen Rahmenbedingungen Rechnung tragen. Diese Maßnahmen bilden eine ausgezeichnete Grundlage für Betriebsvereinbarungen oder andere Formen der Einigung – sie sind transparent, konkret und nachvollziehbar.

Gemeinsam zu tragfähigen Kompromissen – mit System

VBE ist kein Ersatz für den klassischen Sozialpartnerdialog, sondern eine professionelle Ergänzung. Es hilft, komplexe Technologien wie KI greifbar zu machen, bringt die richtigen Menschen an einen Tisch und strukturiert den Prozess hin zu nachhaltigen Entscheidungen.

Das Ziel: Lösungen, die für alle funktionieren. Unternehmen profitieren von höherer Akzeptanz und Innovationskraft, Beschäftigte von Transparenz und Mitgestaltung, und Gewerkschaften von einer fundierten Grundlage für den sozialen Ausgleich.

So wird aus Digitalisierung kein Risiko – sondern ein gemeinsames Zukunftsprojekt.

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